Wir verwerfen die Auffassung, dass eine spätere Offenbarung, die eine frühere Offenbarung erfüllen mag, diese jemals korrigiere oder ihr widerspreche.
(Artikel V - Chicago-Erklärung)
Darum haben wir Entwicklung in der Bibel, weil unser Wissen über Gott und die Welt voranschreitet. Die Bibel bildet dieses Voranschreiten im Rahmen ihrer Möglichkeiten ab. (Martin Benz, S. 90)
In Teil 1 meiner Blogserie ging es um das sogenannt 'wortwörtliche' Bibelverständnis der Evangelikalen. Teil 2 streifte die Frage nach dem Wahrheitsbegriff. In diesem Teil nun geht es um Entwicklung: Was heisst es für uns, dass die Bibel Gott progressiv offenbart, dass bestimmte Themen sich innerbiblisch weiterentwickeln? Für Benz ist dies der Aspekt, der uns am ehesten 'die Tür öffnet, um bei ganz vielen Themen ein zwar weiterhin biblisches, aber trotzdem verändertes Verständnis zu gewinnen.' (S. 74) Und weil hier das Fleisch am Knochen ist, sehe ich mich veranlasst diesen Teil in zwei Artikel zu splitten: Nämlich,
wie Progressive die Bibel progressiv lesen,
und wie sie sie progressiv auf unsere heutige Situation anwenden.
Entwicklungen innerhalb der Bibel
Wer die Bibel liest wird unweigerlich feststellen, dass sie in Bewegung ist. Benz meint:
In der Bibel selbst ändert sich etwas. Gebote werden weiterentwickelt, Perspektiven ändern sich, und was in einem biblischen Buch noch galt, gilt in einem anderen Buch bereits nicht mehr. (S. 74)
Über die Zeit werden fest verankerte 'Grundpfeiler von Tradition und Gottesverehrung' über den Haufen geworfen, 'moralische Einsichten verändern sich' und ja, 'selbst das Gottesbild ist in Bewegung', so Benz. Nichts scheint einen festen Platz zu haben. Benz macht dies an vier Beispielen fest, von denen ich eins kurz skizzieren möchte.
Beim Alttestamentlichen Vergeltungsrecht: Zuerst, Gott setzte fest, dass ein Mord an Kain siebenfach gerächt würde. (Gen 4,14f) Lamech, ein direkter Nachkomme Kains, bestimmt nur ein paar Verse später, dass ein Mord an ihm siebenundsiebzigfach gerächt werden soll. (Gen 4,23f) Noch etwas später wird dann nicht ein Mord, sondern 'nur' eine Vergewaltigung damit vergolten, dass eine ganze Stadt ausgelöscht wird (siehe Genesis 34). Eine krasse Steigerung also. Und dann kommt das mosaische Gesetz ins Spiel, das diese ausufernde Dynamik in ihre Schranken weist: 'Auge für Auge, Zahn für Zahn. Was jemand einem anderen zufügt, das wird zur Strafe ihm selbst zugefügt.' (Lev. 24,20) Eine faire Vergeltung muss dem Delikt angemessen und darf nicht masslos übertrieben sein.
Benz fragt: 'Was gilt denn jetzt? Kann Gott sich nicht entscheiden?' (S. 77) Wohl eher nicht. Vielmehr spiegeln diese Texte die 'Willkür der antiken Vergeltungspraxis' wider, die man überall zur damaligen Zeit findet. Aber ebenso lässt sich auch der Fortschritt, der mit dem mosaischen Gesetz Einzug hielt, in anderen Hochkulturen beobachten. Der turning point kommt dann aber mit Jesus: 'Ich aber sage euch: Verzichtet auf Gegenwehr!' (Mt. 5,39) Mit einem Seitenhieb in Richtung 'bibeltreue Evangelikale' fragt Benz hier:
Mit welchem Verhalten ist man denn nun biblisch? Und wie entscheidet man sich, wenn man alles wörtlich nimmt? (S. 78)
Die Antwort lautet:
Wir kommen nicht darum herum, biblische Aussagen ins Verhältnis zueinander zu setzen und durch die Aufwertung der einen Aussage, eine andere entsprechend abzuwerten. Und das hat nichts mit Bibelkritik zu tun, sondern mit dem Verständnis von Entwicklung innerhalb der Bibel. (S. 78)
Wieso haben wir in der Bibel keine eindeutige, untrügliche Lehre zum Vergeltungsrecht (und zu zig anderen Themen)? Wieso konfrontiert uns die Bibel mit diesen vermeintlichen Widersprüchen, mit Aussagen, die sich nicht miteinander in Einklang bringen lassen, wie es scheint? Für Martin Benz liegt die Antwort auf der Hand:
Religiöses Bewusstsein, Gottesverehrung, Frömmigkeit, Gottesbilder und moralisches Verständnis entwickeln sich. Sie sind immer auch Abbild des Umfeldes und der Zeit, in denen Menschen sich befinden. Wir können uns nicht außerhalb unserer Zeit denken. Indem die Bibel religiöse Entwicklung in unterschiedlichen Texten abbildet, erkennen wir, woher wir kommen und wohin die Reise geht. (S. 87)
Zusammengefasst, die Bibel offenbart uns nicht Gottes unabänderlichen Willen oder seine ein-für-allemal-festgesetzte Wahrheit, sondern sie bildet jeweils die Zeit ab, in der die Menschen gelebt haben. Gott kann es eigentlich gar nicht richtig machen. Denn sobald er sich 'in der Form eines Buches schriftlich offenbaren will', kämpft er mit dem Problem, dass sich die Menschen 'auf einer bestimmten Entwicklungsstufe' befinden. (S. 87) Ja, Gott kann es eigentlich nur falsch machen:
Entweder zeigt er sich [der] Zeit entsprechend und vergrault damit die Leser der Zukunft, für die das alles zu primitiv ist, oder er offenbart sich angepasst an die Erkenntnisse des 21. Jahrhunderts und macht damit aus der gesamten Bibel eine Apokalypse, die bis in die Neuzeit von niemandem verstanden worden wäre. (S. 88)
Fazit: Weil die Bibel einerseits 'nur' antike Vorstellungen abbildet, andererseits aber hier und da gewisse 'Anzeichen' gibt, in welche Richtung es gehen könnte, kann Benz für sich diesen Leitsatz formulieren: 'Alles in der Bibel ist Absicht Gottes, aber nicht alles in der Bibel ist Ansicht Gottes.' (S. 88)
"Gott vereindeutigt sich in Jesus" - Der Maßstab um die Bibel progressiv zu lesen
Wenn also die Bibel sich ständig weiterentwickelt, stellt sich dann die Frage, ob es einen Maßstab gäbe, um solche Entwicklungen zu unterscheiden. 'Wie können wir entdecken was tatsächlich Ansicht Gottes ist und was nicht?' (S. 90) Die Antwort lautet recht einfach: Jesus.
Gott ist immer wie Jesus, denn Jesus ist der unverfälschte Ausdruck seines Wesens. Und wenn wir im Alten Testament auf Textstellen stoßen, in denen uns ein anderes Gottesbild begegnet, dann ist es unsere heilige Pflicht diese Textstellen im Lichte Jesu zu verstehen und zu interpretieren. Denn sie sind Ausdruck antiker Gottesvorstellungen, aber nicht Ausdruck davon, wie Gott wirklich ist! (Seite 101)
Jesus Christus ist der hermeneutische Generalschlüssel um zu entscheiden, was in der Bibel auch tatsächlich Gottes Ansicht ist, was seinem Wesen entspricht, was sein Wille für uns ist. Ja, 'die einzige objektive Darstellung Gottes findet sich im Leben von Jesus Christus.' (S. 102) Wenn Benz die Bibel und auch gerade das Alte Testament liest, dann benutzt er diesen 'Jesus-Filter' um die Spreu vom Weizen, die zeitbedingten von den allgemeinen Wahrheiten, die menschlich verfälschten von den göttlich unverfälschten Ansichten zu trennen.
Eine evangelikale Antwort: Ja aber mehrheitlich Nein
Zunächst einmal Ja:
Gott offenbarte sich progressiv über die Zeit vom Alten bis ins Neue Testament und dann ultimativ in Jesus Christus (Hebr. 1,1f). Wer Jesus sieht, sieht den Vater (Joh 14,9). Das Alte Testament und im Speziellen das Gesetz 'lässt also nur ein Schattenbild der künftigen Güter erkennen'. (Hebr. 10,1) Der Schreiber des Hebräerbriefs bezieht sich hier auf den Kontrast zwischen dem alten und dem neuen Bund, der durch das Blut Christi eröffnet wurde. Es ist ganz wichtig diese heilsgeschichtliche Progression zu verstehen, wenn wir die Bibel lesen. Mit Jesus kommt etwas Neues, das im Alten Testament zwar permanent angedeutet, aber noch nicht in der Fülle offenbart war. Augustinus sagte einmal von der Bibel: 'Im Alten Testament sei das Neue verhüllt, im Neuen werde das Alte enthüllt.' Dieser Satz besagt ja dann auch, dass wir die Bibel als Ganze brauchen, dass wir das Neue ohne das Alte (und umgekehrt) nicht wirklich begreifen können.
Weiter ja, eine Schwierigkeit die Bibel zu verstehen und anzuwenden liegt darin, dass sie eine geraume Zeitspanne umfasst (wir leben nicht mehr als Nomaden und wir bauen uns keine Altäre aus Stein) und dass sie verschiedene 'Stadien oder Epochen' des Handeln Gottes mit den Menschen darstellt (wir leben in keiner geopolitischen Theokratie mehr). Die Bibel ist nicht a-kulturell, zeitlos und abstrakt, sondern eingebettet ins Menschliche.
Gott bedient sich der Sitten, Bilder und Vorstellungen einer Zeit, in die er sich offenbart. Er spricht nicht anachronistisch als einer, der von der Zukunft in die Vergangenheit reist, um den Menschen zur Zeit Noahs klar zu machen was ein I-Pad und was ein Elektroauto ist.
Insbesondere all die Fragen rund um das mosaische Gesetz, die Reinheitsvorschriften und Speisegebote, nicht zu reden von allen politischen und juristischen Geboten, die das Zusammenleben der Theokratie Israels regelten, bieten interpretatorische Knacknüsse. Niemand behauptet, die Bibel sei in diesen und anderen Punkten einfach zu verstehen. Es braucht ein in-Bezug-setzen und vorsichtiges Abwägen dieser Bibelstellen, ein im-Blick-haben der vorwärtsgewandten Progression der biblischen Story, um solche Stellen besser einordnen zu können. [1]
Dann aber Nein!
Eine fortschreitende Offenbarung impliziert nicht, dass die Bibel sich selbst überholt
Ich spüre in Benz' hermeneutischen Gedanken zur Progression in der Bibel ein Ringen mit den scheinbar widersprüchlichen 'Gottesbildern' des 'Kriegergottes' im Alten Testament und dem Jesus im Neuen Testament, der sogar Feindesliebe propagiert. Kann man diese beiden Bilder zusammenbringen? Muss man? Für Benz spiegeln Alttestamentliche Texte mehr die Sichtweise ihres antiken Umfeldes als den Herzschlag Gottes wider. Er sieht hier gar einen anderen Geist am Werk. Das Problem dieses Gedankengangs ist, dass die Bibel selbst dies ganz anders sieht.
Benz will die alten, antik-geprägten Stellen durch den hermeneutischen Schlüssel 'Jesus' revidiert haben. Dabei bestätigt gerade dieser Jesus die Autorität des Alten Testaments:
Denn wenn ihr Mose wirklich glauben würdet, würdet ihr auch mir glauben; er hat ja über mich geschrieben. Wenn ihr aber dem nicht glaubt, was Mose geschrieben hat, wie wollt ihr dann dem glauben, was ich euch sage? (Joh. 5,46-47)
Genauso undiplomatisch tut dies Paulus, der 'nach wie vor alles glaubt, was im Gesetz des Mose und in den Schriften der Propheten steht'. (Apg. 24,14b; auch Röm. 15,4)
Jesus ist gerade nicht gekommen, um das Gesetz aufzulösen, sondern um es zu erfüllen (Mt. 5,17). Alles, was im Leben Jesu geschah, ereignete sich, damit sich erfülle was in der Schrift (also im AT) vorausgesagt war (Joh. 19,24). Jesus sah nicht vor, das Alte Testament zu revidieren. Vielmehr baute er seinen ganzen Dienst darauf auf (Lk. 24,17).
Genauso wenig setzte er sich daran, das Moralgesetz, komprimiert in den zehn Geboten, zu verbessern. [2] Auch wenn die Einleitungsformel der berühmten Antithesen aus der Bergpredigt - 'Ihr habt gehört, ich aber sage euch!' - zuerst so tönen, als wolle Jesus eine 'göttliche Neuordnung' vorschlagen, lautet die bessere Lösung, dass Jesus hier eine verdrehte Variante des mosaischen Gebotes auf dem Korn hatte, nicht das Gesetz selbst (vgl. mit Mt. 5,19!!). Wir können dies am Beispiel von oben gut verdeutlichen:
Ihr habt gehört, dass es im Gesetz von Mose heißt: Wer jemand am Auge verletzt, soll selbst am Auge verletzt werden. Und wer anderen einen Zahn ausschlägt, soll selbst einen Zahn dafür einbüßen. Ich aber sage: Wehrt euch nicht, wenn euch jemand Böses tut! Wer euch auf die rechte Wange schlägt, dem haltet auch die andere hin. (Matthäus 5,38-39)
Wenn wir im etwas grösseren Kontext der Bergpredigt lesen wird schnell klar, dass Jesus hier nicht das lex talionis (das Vergeltungsgesetz) grundsätzlich in Frage stellen will. Das Ausgleichsprinzip ist nicht weniger als gerecht und Jesus bekräftigt dieses Prinzip etwas später: 'Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.' (Mt. 7,1) Was Jesus auf dem Kicker hatte war die scheinbar gängige Praxis, das Prinzip der 'Vergeltung über die Gerichtshöfe hinaus (wo es hingehört) auch auf den persönlichen Bereich' auszudehnen (John Stott, Die Botschaft der Bergpredigt, Seite 119). Dabei war persönliche Rache schon bei Mose untersagt (Lev. 19,18a). Was Jesus hier deutlich machen will ist, dass 'unsere christliche Verpflichtung, auf Rache zu verzichten, so weit geht, dass wir der "bösen" Person sogar erlauben, das Unrecht zu verdoppeln.' (Stott, S. 121) Das ist radikal, ganz klar. Doch hebelt es das Vergeltungsprinzip deswegen nicht aus, das bis heute in unserer Rechtsprechung aktiv ist.
Die Grundsatzfrage lautet, ob wir die Entwicklungen in der Bibel bejahen können, ohne dass wir die Einheit der Bibel gefährden, die sie selbst voraussetzt. [3] Zugegeben, diese Einheit ist komplex, wie wir am Beispiel 'Gottesbild' gut sehen. Aspekte wie der Zorn und das Gericht Gottes lassen sich nicht so platt mit der Liebe, Gnade und der Barmherzigkeit Gottes verbinden. Aber wer sich hier auf Jesus als hermeneutischen Schlüssel beruft, der müsste auch irgendwie die non-soften, herberen Gerichtsworte Jesu integrieren (siehe z. B. Mt 10,15). Andernfalls wird es einfach nur beliebig und wir zimmern uns einen Jesus, der dem Zimmermann der Bibel gar nicht mehr ähnlich ist.
Mein Zwischenfazit: Es braucht gesunde Kriterien, um die Entwicklungen in der Bibel zu erklären. Und ich würde meinen, dass diese Kriterien selbst biblisch sein müssen. Eines dieser wichtigsten Kriterien ist das 'heilgeschichtliche Kriterium': Gottes Erlösungsstory beginnt klein und sie entwickelt sich fort, bis sie in Jesus ihre Erfüllung findet. Ich stimme also mit Benz überein, dass wir eine christozentrische Hermeneutik brauchen. Wir müssen die Bibel durch die Jesus-Linse lesen, aber am liebsten doch so wie die Apostel es uns vormachten. Dann müssen wir den Opferkult des Alten Testaments nicht als kulturelles Artefakt der damaligen Zeit abtun, sondern können darin die göttliche Inszenierung für das endgültige und wahre Opfer, das Jesus dargebracht hat sehen (Hebr. 10), um nur ein Beispiel zu nennen. Solche Entwicklungen zerstören die Einheit der Bibel gerade nicht. Vielmehr zeigen sie uns, wie hier eine Pflanze aus dem kleinen Samenkorn gewachsen ist. Nicht 'widersprüchlich', sondern 'zusammenhängend' und 'komplementär'.
Eine progressive Offenbarung meint nicht, dass das Neue automatisch das Bessere ist
Für Benz ist das Neue per se das Bessere. Darum vergleicht er die Vorstellungen der ersten Schreiber der Bibel mit Kinderzeichnungen (S. 89). Nicht falsch an sich, aber halt doch noch etwas unterentwickelt. Sein Fazit:
Darum haben wir Entwicklungen in der Bibel, weil unser Wissen über Gott und die Welt voranschreitet. (S. 90)
Natürlich wusste Abraham noch wenig von der Trinität. Und Josua noch nicht, dass der Messias eines Tages werde sterben müssen. Das Alte Testament deutet an, schattet vor, legt die groben Linien vor, auf denen Gottes Story sich dann abspielen würde. Und doch spricht das Alte Testament die Menschen aller Zeiten an. Es wurde ja für die Gläubigen des neuen Bundes aufgeschrieben (1. Kor. 10,11). Die Nachricht der Bibel kommt zwar in einem bestimmten kulturellen Kleid zu uns. Aber sie ist für alle Menschen gleich relevant. Selbst wenn wir heute in einer sogenannt hochentwickelten Zeit leben, sind wir immer noch Menschen. Wir haben Hoffnungen und Ängste, die denen früherer Menschen im Kern recht gleichen. Natürlich spricht die Bibel nicht jedes moderne Thema (direkt) an. Und trotzdem reicht sie aus, damit sie uns zu jedem guten Werk ausrüstet (2. Tim. 3,17).
Wenn wir bejahen, dass die Bibel sich von Genesis bis Offenbarung progressiv entwickelt, meinen wir damit nicht eine innerweltliche Progression von primitiv zu modern, moralisch rückständig bis moralisch aufgeklärt. Wir meinen wie oben schon beschrieben, dass Gott seinen Plan heilsgeschichtlich progressiv entfaltet und dass dieser Plan in der Inkarnation Jesu seinen Höhepunkt findet (Hebr. 1,1). Wenn das so ist (und für Benz ist ja Jesus gerade der richtige Schlüssel), dann sollten wir aber auch nicht über Jesus hinausgehen. Mit dem Kommen und Wirken Jesu, in den Evangelien beschrieben und im Rest des NT entfaltet, ist diese Entwicklung abgeschlossen. Wenn wir über Jesus und gerade auch über seine Lehre hinausgehen, sind wir definitiv progressiv, aber nicht mehr innerhalb der biblischen Grenzen.
Die Grundsatzfrage lautet, ob die Bibel genug ist, oder ob wir für die heutige, moderne Zeit neue Offenbarungen Gottes brauchen.
Zum Schluss noch etwas über Gottes Ansicht, Absicht und eine Mahnung zur Vorsicht
Warum steht eigentlich in der Bibel, was in der Bibel steht? Hat Gott einfach beabsichtigt, all die Stories der biblischen Charaktere einzubinden, um irgendwie zwischen den Zeilen anzudeuten wohin unserer Reise gehen könnte? Immer im Warten darauf, bis dann Jesus endlich reinen Wein einschenken und der Welt wirklich zeigen würde, wer und wie Gott ist (um damit die widersprüchlichen Stellen des Alten Testaments wegzuwischen)? Oder wollte er uns mit diesen Stories, Gesetzestexten, Liedern, Gedichten, Prophetien und was da sonst noch so alles kreucht und fleucht etwas Essentielles über sich selbst mitteilen, über seinen Plan, sein Wesen und seinen Charakter?
Gewiss redet Gott in Babysprache mit uns, er passt sich unserem Niveau an. Aber dann doch genau darum, damit wir ihn verstehen und eben nicht, um seine wahre Ansicht zu verschleiern! Ja, nicht alles in der Bibel ist Ansicht Gottes. Die horrend sündigen Taten der Menschen, die die Bibel schonungslos beschreibt, entsprechen nicht seinem Willen. In all dem ist es Gott aber doch nicht unmöglich, seine Ansichten offen und klar darzulegen, selbst wenn dies bedeuten sollte, dass er dadurch seine Abscheu ob der Bosheit der Menschen zum Ausdruck bringt. Gott ist Gott. Und er hat Gottseidank nicht geschwiegen.
[1] Ich werde im nächsten Artikel noch einmal darauf zurückkommen
[2] Benz kritisiert den dreiteiligen Gebrauch des Gesetzes: Moralgesetz, Reinheitsgesetz und ein staatlich-juristisches (theokratisches) Gesetz. Das kann er natürlich tun. Nur bietet er keine bessere Alternative dafür an.
[3] Das Thema der Einheit der Schrift wäre wieder ein Artikel für sich. Ich meine, dass die Bibel klar davon ausgeht, dass im AT und im NT derselbe Geist weht (siehe 2. Petr. 1,21; Apg. 1,16). Und nirgendwo impliziert sie, dass dieses Reden des göttlichen Geistes nur sporadisch war (vgl. 2. Tim. 3,16).
Comentarios