Kein Sex ausserhalb der Ehe ?! Warum etwas von Vorgestern trotzdem schön und gut und sogar heilig sein kann.
- matt studer
- 1. Apr.
- 13 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 13 Minuten
Sex ohne Liebe ist besser als gar kein Sex.
(Hugh Hefner)
Dein Wuchs gleicht einer Dattelpalme und deine Brüste den Datteltrauben. Ich denke: Auf die Palme will ich klettern, nach ihren süssen Früchten will ich greifen. (Hohelied 7)
A robust theology cannot be built on what we're not allowed to do, for the Christian life is much more than avoidance of sinful behavior.
(Christopher Yuan, Holy Sexuality and the Gospel, S. 4)
Was ich hier schreibe, ist nichts Neues. Wir leben in einer sexualisierten Kultur mit Sex in jedem Film, in der Werbung, Gesprächen auf dem Pausenplatz oder auf dem Handy. So ist es nur natürlich, dass die biblisch-konservative Sexualethik von aussen häufig als restriktiv, bigott oder sogar ungesund empfunden und dargestellt wird. Auch innerhalb der christlichen Szene gehen die Meinungen auseinander. Siegfried Zimmer ist der Meinung (und bringt diese in seinem wohl berühmtesten Vortrag klipp und klar zum Ausdruck), dass die konservative Sexualethik eigentlich nichts mit der Bibel zu tun habe, sondern eher damit, dass man noch in einer vorgestrigen Zeit lebt.
Zimmer kritisiert in seinem Vortrag unter anderem auch das konservative Dogma, dass Sex vor der Ehe biblisch gesehen nicht erlaubt sei. Er meint, dass hier ein kategorialer Fehler vorliege: Unsere moderne Kultur lasse sich nicht so ohne weiteres mit der Antike vergleichen. Zudem sage die Bibel eigentlich gar nichts über Sex vor der Ehe. Die Leute damals hätten so jung geheiratet, dass das gar kein Thema war. Und sowieso lasse sich aus der Bibel keine Sexualethik (jedenfalls keine 'Konservative') ableiten.
Zimmer's Analyse der antiken Zeit wir dem Tatbestand nicht gerecht, wie Armin Baum gezeigt hat. Trotzdem ist seine Frage für heute wichtig: Sollen wir Christen mit der Zeit mitgehen, oder krampfhaft an einer vorgestrigen Ethik, die vielleicht gar nicht einmal biblisch ist, festhalten? Diese Frage ist relevant. Ich persönlich bin fest davon überzeugt, dass wir Christen an etwas von Vorvorgestern festhalten sollen, weil es biblisch ist und 'von Anfang an' so gedacht war: Nämlich, dass Sexualität ein wunderbares Geschenk Gottes ist, für die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gestiftet. Ebenso glaube ich, dass dieses Vorgestrige absolut gesund, schön und sogar heilig ist. Das Neue ist nicht automatisch das Bessere - in diesem Punkt sicher nicht.

Heute - Sex pour Sex, oder wenn Sex in keine grössere Story mehr eingebettet ist
Heute gibt es Situationship, eine Form von Beziehung, die aus dem Moment heraus und für den Moment entstehen. Beziehungen, die wenig bis gar keine Absprache brauchen, sondern spontan und kurzlebig florieren können. Das Ziel ist nicht, eine sichere Bindung aufzubauen, sondern sich möglichst viele Freiheiten offenzulassen. Sichere Bindungen und 'feste' Beziehungen tun ja genau dies: Sie schränken die persönliche Freiheit ein. In einer Situationship kann man emotionale und körperliche Intimität geniessen, ohne sich Verpflichtungen aufzuerlegen. Befragte Personen einer Sendung sehen Situationship als befreiend - andere erlebten es aber auch als verletzend. Denn wenn man sich an eine Person hängt und sich emotional und sexuell mit ihr verbindet, entsteht eben schon eine Bindung (gibt es bindungslose Beziehungen?). Darum kann es auch weh tun, wenn die andere Personen einen dann plötzlich wieder verlässt.
Mit festen, verbindlichen Beziehungen fängt es also schon an. Wieso überhaupt noch? Da ist die Frage nach der Heirat geradezu anachronistisch. Unsere Gesellschaft gibt uns keine plausiblen Gründe, warum man heiraten sollte. Nur schon wirtschaftlich 'lohnt' es sich nicht. So meint eine gestandene Ehefrau, die es heute aber anders machen würde:
Ich würde einen anderen Weg der Absicherung suchen. Die Ehe ist nicht mehr zeitgemäss. Unabhängig bleiben und auf eigenen Füssen stehen wäre für mich wichtig.
Wenn unsere Gesellschaft so denkt, dann ist es doch umso wichtiger, das wir Christen eine gut begründete, motivierende Vorstellung haben, warum sich Heiraten lohnt. Es reicht nicht, unseren Kindern und Jugendlichen in der Gemeinde das Sätzchen 'Keinen Sex vor der Ehe' herunterzubeten, wenn sie nicht verstehen UND wertschätzen können, wieso wir das sagen. Mit Wertschätzen meine ich weit mehr (aber nicht weniger) als ein kognitives Begreifen der Sachlage. Ich meine damit, dass man die Schönheit und den Wert darin sieht, sich den Sex für die Ehe aufzusparen. Es braucht schon eine affektive Note, um bei diesem Thema landen zu können.

Vorvorgestern - die grosse Story des Sex
Wenn es um Sexualität geht, muss der Ausgangspunkt immer die Ebenbildlichkeit des Menschen und die Lehre von der Sünde sein. (Christopher Yuan, 33)
Gott findet Sex doch cool! Wieso hätte er sonst seiner Schöpfung durch die sexuelle Vereinigung von Adam und Eva die Krone aufgesetzt? Theologen verstehen das Ein-Fleisch-Werden von Adam und Eva, das im zweiten Kapitel der Bibel beschrieben wird, zumindest auch als ein körperliches Einssein, eine Vereinigung der beiden Körper (selbst wenn hier MEHR impliziert wird als 'nur' Sex, wie wir sehen werden). Gott versteht Sex auch nicht nur und vielleicht gar nicht primär als ein Mittel zu einem geheiligten Zweck, wie dass aus der sexuellen Vereinigung von Mann und Frau neues Leben entstehen kann. Natürlich gab Gott Adam und Eva den Auftrag, Kinder zu zeugen. Das ist mit ein Teil der Ehe: Sie bietet Platz für Kinder, die im geschützten Rahmen aufwachsen können. Aber die Ehe ist weit mehr als ein Hort für Kinder - und Sex ist mehr als Fortpflanzung. Im Hohelied der Liebe, dem alttestamentlichen Buch, das Sexualität geradezu zelebriert, kommen Kinder nicht einmal vor. Nein, Sex ist etwas für Mann und Frau, etwas, das Gott sich extra ausgedacht hat, damit es gefeiert und genossen wird, ohne direkt an einen sinnvollen Output zu denken. Sex ist also weder schmutzig noch sündig, auch wenn dies manchmal von der Kirche so vertreten wurde (Stichwort Erbsünde und so).
Bevor alle Singles jetzt gerade wegklicken noch dies: Mit dem Eins-Werden von Mann und Frau und der Einsicht, dass es für Adam nicht gut war allein zu sein, wird weit MEHR impliziert, als dass der Mensch nur durch Sex Erfüllung finden würde. Jesus hatte keinen Sex und lebte ein erfülltes Leben. Genauso der Apostel Paulus, der das Singlesein und sexuelle Abstinenz bevorzugte. Single zu sein hat seine eigenen Vorteile. Denn wer heiratet, dessen irdisches Leben ist zusätzlichen Belastungen ausgesetzt, die Paulus uns gerne ersparen möchte (1. Kor. 7,28) Jedes Ehepaar könnte ein Lied davon singen. Klar gilt für die Singles gleichermassen: Es ist nicht gut, als Single-Mensch allein zu sein. Auch der Single braucht stabile, intime Beziehungen, selbst wenn diese Beziehungen nicht in eine sexuelle Vereinigung münden. Daneben läuft der Single-Pfad auf das gleiche Ziel zu wie der Pfad der Eheleute: Der Vereinigung des Gläubigen oder der Kirche mit Gott. Eheleute antizipieren durch ihre sexuelle Vereinigung hier auf Erden diese himmlische Einheit der Kirche mit Christus (vgl. Eph. 5). Darum wird die Ehe und mit ihr der Sex im Himmel (leider, aus einer irdischen Perspektive) überflüssig sein (Mt. 22,30). Und Singles wie Paulus nehmen mit ihrem sexfreien Lebensstil schon hier auf Erden eine zukünftige, grössere (bessere!) Realität vorweg, die auf uns alle wartet: Im Himmel werden wir Sex nicht mehr brauchen, weil wir mit Gott selbst vereint sind. Ich bin mir bewusst, dass dieses himmlische Manna keine leichte Kost ist - aber hey, ich habe den Diätplan nicht selber aufgestellt. Vielleicht verhilft dieser Satz von Christopher Yuan zu einem besseren Verständnis:
Wir sollten Singlesein nicht als einen temporären Zustand vor der Ehe betrachten. Vielmehr ist die Ehe der temporäre Zustand vor der Ewigkeit. (Holy Sexuality, S. 94)
Zurück zum Anfang und zu Eva und Adam. Man kann darüber argumentieren, aber so wie ich es sehe, war etwas vom ersten, was die beiden taten, miteinander zu schlafen. Das war von Gott so eingefädelt. Denn dadurch feierten und zementierten sie ihre Ehe: Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau. (Genesis 2,24) Sex ist etwas Schöpfungsgemässes, das in einer lebenslangen, verbindlichen Beziehung (raus aus der Familie, rein in die Ehe) vollzogen wird. Doch dann kam der Knall nach dem Sündenfall. Nachdem die Menschen gegen Gott gesündigt hatten, war alles anders. Auch ihre Sexualität war betroffen. Nicht, dass Sex nach dem Sündenfall plötzlich verdorben oder schmutzig wurde. Der göttliche Daumen zeigte nach wie vor nach oben, nur dass die Beziehung zwischen Mann und Frau nun verkompliziert wurde, was auch Auswirkungen auf ihre Sexualität hatte: Du wirst dich nach deinem Mann sehnen, aber er wird über dich herrschen (1. Mose 3,16). Ich möchte nicht wissen, wie oft das weibliche durch das männliche Element unterdrückt und ausgenutzt wurden - selbst in einer Ehe, in der Sexualität etwas einvernehmliches ist, wie man heute so schön sagt. Gemäss der Bibel gehört der Körper der Frau zwar dem Mann, doch nicht als Ticket zur Befriedigung der eigenen Lüste. Denn umgekehrt gehört der Körper des Mannes auch der Frau. Wir reden hier von einem harmonischen Zusammenspiel beim Sex, von einem Geben und Nehmen, das nur funktioniert, wenn beide aufeinander zugehen und sich füreinander hingeben, nicht einfach sich beim Gegenüber bedienen (siehe die Diskussion bei Paulus in 1. Korinther 7). Neben missbräuchlichem Verhalten in der Ehe brachte der Sündenfall generell eine Verkomplizierung der Mann-Frau-Beziehung mit sich. Mann und Frau geht nicht immer so einfach zusammen. Es braucht Investment, Geduld, Gnade, Commitment und Vergebungsbereitschaft. Nach dem Sündenfall herrschte statt dessen manchmal eine 'Hartherzigkeit des Herzens' vor, die dazu führte, dass der Mann sich schnell und aus belanglosen Gründen von seiner Frau trennte (was zu alttestamentlichen Zeiten immer darauf hinauslief, dass die Frau wirtschaftlich benachteiligt dastand - also wieder ein Herrschen über die Frau!). Jesus kritisierte diese männliche Hartherzigkeit, die sich nicht darum bemühte, für die Beziehung zu kämpfen und er nahm dabei Bezug auf die Schöpfung: Von Anfang an war dies nicht so gedacht gewesen (Mt 19,18). Von Anfang an war nicht Situationship, sondern der Ehebund - eine geschützte, intime und verbindliche Beziehung das Ideal und die Realität.
Weitere Auswüchse des Sündenfalls sehen wir in der Polygamie, wenn ein Mann jetzt plötzlich zig Frauen sammelte. Es kann wohl kaum davon ausgegangen werden, dass er mit all diesen Frauen eine intime und vertrauliche Beziehung im Sinne von Vater und Mutter verlassen, um eine neue Einheit zu bilden, geführt hat. Vielmehr waren sie lediglich seine Sexpartner, selbst wenn vielleicht eine davon eine speziell auserwählte (Ehe)frau gewesen war, mit der er tiefere Gespräche führte. Die Bibel bejaht Polygamie übrigens nirgends, auch wenn sie sie beschreibt. Eher das Gegenteil ist der Fall. Polygamie in den biblischen Geschichten führte zu Neid und Eifersucht (Jakob mit Lea versus Rahel), Streit und sogar Mord (David mit Michal und dann mit Bathseba), bis hin zum Glaubensabfall (Salomo mit seinen zig heidnischen Nebenfrauen). Das Alte Testament erwähnt neben Polygamie weitere nicht-originalgetreue (also sündige) Formen von Sexualität und fasst sie unter dem Begriff Unzucht (gr. porneia) zusammen. Ohne ins Details zu gehen, geht der Vorwurf stets in dieselbe Richtung: Sex ist für die Ehe reserviert, ausserehelicher Sex ist darum Sünde (unzüchtig). So wie ich Paulus im Neuen Testament lese, stellt er diese beiden Varianten von Sex einander gegenüber: Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligung, dass ihr euch von der Unzucht fernhaltet, dass jeder [im Gegenteil davon] von euch sich sein eigenes Gefäß [gemeint ist seine Ehefrau] in Heiligung und Ehrbarkeit zu gewinnen weiß. (1 Thess. 4,3-4) Also, entweder man gewinnt seine Frau für den ehelichen Sex, was einem heiligen und ehrbaren Gewinnen entspricht, oder man gewinnt eine Frau, die gar nicht die eigene ist, zum Beispiel für eine Nacht, was von Paulus als unzüchtig verurteilt wird. [1]
Wie hält es denn die Bibel mit 'Sex vor der Ehe', vielleicht wenn man schon verlobt ist, oder zumindest fest vorhat, sich für eine längerfristige Sache einzurichten? Wieso dann noch warten (wie die wahre Liebe es anscheinend tut)? Unter diesen Umständen ist Sex doch irgendwie naheliegender, als wenn man sich von One-Night-Stand zu One-Night-Stand durchschläft, oder nicht? Die Bibel sieht das auch so. Nicht, dass sie vorehelichen Sex gutheisst, sondern dass sie dabei abstuft. Wir sehen dies in der Torah, dem Gesetz des Mose, gut verdeutlicht. Wenn damals ein Mann ein noch nicht verlobtes Mädchen verführt und bei ihm schläft, dann soll er das Brautgeld zahlen und sie zur Frau nehmen. (2. Mose 22,15) Sex führt hier zwangsläufig zu einer Ehe (ausser der Vater will dies explizit nicht - dann ist eine Entschädigung zu zahlen - Vers 16). Die 'Strafe' für Sex vor der Ehe ist hier, wenn man so will, die Ehe selbst. Wenn Mose von einer Eheschliessung redete, dann meinte er eine lebenslange Verpflichtung: Er darf sie niemals entlassen. (5. Mose 22,29b) Ein One-Night-Stand ist hier nicht etwas Leichtfertiges, was ich am nächsten Tag wieder vergessen kann. Und wie ist es mit Sex im Stadium des Verlobtseins? Thomas Schirrmacher: "Sexueller Verkehr zwischen zwei Verlobten ist zwar falsch, wird aber gar nicht unter Strafe gestellt." [2]
Das Gesetz stuft also ab und zwar recht krass: Ein Ehebruch, also Sex von Verheirateten ausserhalb der Ehe wird mit dem Tod geahndet (3. Mose 20,10). Die Diskussion hier zeigt: Sex ist selbst bei Nichtverheirateten nie so harmlos, wie uns das heutzutage suggeriert wird. Es geht um mehr als um ein Austauschen der Körperflüssigkeiten. Sex hat Gewicht, weil Sex zu dieser von Gott gedachten (Ver)Bindung zwischen Mann und Frau, die wir klassischerweise Ehe nennen, führt, wie es von Anfang gedacht war: Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau. (1. Mose 2,24) Aus demselben Grund ist ein Ehebruch so tragisch und falsch - er zerbricht diese Bindung, die von Gott zusammengefügt wurde, bis dass der Tod sie scheide.
Das Gleiche betonte Jesus, wenn er von Ehescheidung spricht: Wenn ein Ehepartner mit jemand anderem Sex hat, kommt das einem Ehebruch gleich (Matthäus 19). Das heisst im Umkehrschluss: Sex zu haben bedeutet - wenn auch nicht gerade eine komplette Ehe zu gründen - so doch, sich mit einem Menschen so eng zu verbinden, dass eine Ehebeziehung impliziert wird (im Alten Testament kurz und knapp: "Heirate sie!"). Anders ausgedrückt, Sex klebt uns an die Person, mit der wir Sex haben. Wenn wir ein Fleisch werden, bezieht sich das nicht nur auf eine körperliche Vereinigung. Das Wort für Fleisch (hebräisch basar) impliziert, dass zwei Menschen nicht nur körperlich, sondern auch emotional, seelisch und existenziell miteinander verschmelzen. Kein Wunder, dass diese Verbindungen nicht leichtfertig wieder getrennt werden soll. Vielmehr hat Gott den Sex für die Ehebeziehung reserviert, die eben nicht wieder aufgelöst werden soll: Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden. (Mt 19,9) Vielleicht lässt sich das so vergleichen: Sex ist nicht wie zwei Magnete, die sich gegenseitig stark anziehen, aber dann problemlos wieder lösen lassen. Eine sexuelle Vereinigung ist wie ein Tape, das man auf seine Beinhaare klebt. Man kann es schon lösen, aber es tut weh und die Haare kommen mit. Das Ganze macht auch aus einer psychologischen Perspektive Sinn. Eine Ehebeziehung bietet Sicherheit und Vertrautheit, Schutz und eine Klarheit, die eine kurzlebige Beziehung nicht bieten kann. Und in einer solchen Beziehung wird der Sex nicht langweiliger, sondern über die Zeit sogar schöner - versprochen!
Wenn es ein Vorbild für den perfekten Ehemann gibt, dann ist es Gott selbst. Den Bund, den er mit seinem Volk, mit uns eingeht, wird er nie brechen. Er bleibt uns sogar treu, wenn wir ständig fremdgehen, im geistlichen Sinn gesprochen. Ich weiss, dass das nach christlichem Chargon schmeckt. Aber bedenken wir einmal, was hier impliziert wird. An einer menschlichen Ehe, die über ein Leben lang gepflegt und gewahrt wird, erkennen wir wie in einem Spiegel, wie Gottes Beziehung zu uns aussieht. Die Ehe widerspiegelt - in all ihrer Unvollkommenheit - die Beziehung Gottes mit uns. Was, wenn wir keine Ehen mehr hätten, die uns zeigten, was es heisst, in einer lebenslagen Beziehung aufeinander ausgerichtet tiefe Erfüllung zu finden? Klar, wir reden hier von einem Spiegel, manchmal einem zerbrochenen oder verdreckten Spiegel. Eine lebenslange Ehe zu leben ist nicht leicht und geht nicht schmerzlos von der Hand. Trotzdem, wenn beide Seiten immer wieder aufeinander zugehen und die Beziehung reift, wird es zu einer erfüllenden Sache.
Doch egal wie schön eine menschliche Ehe sein kann, Gottes Bundestreue und seine Hingabe für seine Braut sind zig mal krasser. Ich glaube, dass das erste Wunder von Jesus nicht von ungefähr an einer Hochzeit geschah. Gott liebt Hochzeiten. Weil wie die biblische Story mit der Hochzeit von Adam und Eva begann, endet sie auch mit einer Hochzeit, wenn nämlich die Kirche, die Braut, sich mit Christus vereinigen wird und wir alle an der Tafel des himmlischen Hochzeitsmahls zusammenkommen werden, um über Sex vor, in und nach der Ehe zu plaudern.

Kein Sex ausser in der Ehe? Warum wahre Liebe es kaum zu heiraten erwarten kann
Gott möchte unbedingt, dass wir (oder jedenfalls die meisten von uns) Sex haben. Die abstinenzlerische Lehre, dass man lieber ganz aufs Heiraten und körperlichen Bettsport verzichten solle, ist laut Paulus dämonischen Ursprungs (vgl. 1. Tim. 4,1). Er spricht hier von Leuten, die das Heiraten verbieten wollen als einer Lehre, die von unten inspiriert ist (Vers 3). Anderswo Stelle drängt er Singles, dass sie lieber heiraten und Sex haben sollen anstatt sexuelle Abenteuer zu suchen: Es ist besser zu heiraten, als in Begierde zu brennen (1. Kor. 7,9). Fazit: Wieso so lange warten, bis man heiratet? Die Tendenz bei uns Christen im Westen ist stark, gar nicht zu heiraten, oder sicher das Heiraten aufzuschieben (siehe diesen Artikel von Tim Challies).
Ich habe in diesem Artikel zu entfalten versucht, warum ich glaube, dass Sex ausserhalb der Ehe nicht das Gelbe vom Ei sein kann. Zum Schluss möchte ich noch diese zwei Aspekte einbringen. Erstens, Gott ist kein Spassverderber. Wir müssen zuerst die dicke kulturelle Staubschicht von unserer Brille wischen, um dies klarer zu sehen - und das ist gar nicht so einfach. Unsere übersexualisierte Gesellschaft suggeriert uns die ganze Zeit, dass nur wer häufig uneingeschränkten Sex hat, auch wirklich erfüllt und gesund leben könne. Gott weiss es besser. Und es geht ihm bei all seinen Ge- und Verboten ja um uns, um unser Wohlergehen. Es wäre eine eigene Studie wert, einmal genau zu untersuchen, wie sehr die Gebote der Thora letztlich immer zum Ziel hatten, die Frau, die damals gesellschaftlich das schwächere Glied war, zu schützen. Mehr noch, Gott schuf die Ehe als sicheren Rahmen für Sexualität, weil Sexualität innerhalb dieses Rahmens am besten und schönsten blühen kann. In unserer Gesellschaft wird Sex zu einem Konsumgut, zu etwas, das wir uns (im gegenseitigen Einverständnis) von anderen holen, damit WIR erfüllt werden. Damit wird Sex degradiert. Wenn es nur noch darum geht, dass ich auf meine Kosten komme (und der oder die andere auch), dann sind wir weit entfernt von der biblischen Idee, dass Sex innerhalb einer lebenslang-verbindlichen Beziehung der gegenseitigen Hingabe und ja, Aufgabe für den anderen, seinen Platz findet. Gerade wenn ich sexuell mit meinem Gegenüber verschmelze, drücke ich auf der körperlichen Ebene aus, dass ich MICH selbst aufgebe und für den anderen hingebe. Und so etwas funktioniert nun mal nicht in einem One-Night-Stand oder einer Situationship. Zweitens, für uns Christen ist Sexualität nichts Banales - im Gegenteil. Sex ist etwas Gewichtiges und etwas Heiliges: Unser Körper ist ein Tempel, in dem Gottes Geist wohnt (1. Korinther 3,16). Gott ist daran gelegen, dass wir unseren Körper schützen, rein halten und heiligen. Wir reden hier von einer Realität, die uns in der heutigen Zeit fast komplett abhanden gekommen ist. Wir tun doch mit unserem Körper das, was wir für gut befinden (wir leben in einer quasi gnostisch-neoplatonischen Welt, in der Körper und Geist voneinander getrennte Entitäten bilden, so dass wir unseren Körper nach unseren eigenen Wünschen einsetzen und ja, formen können). Aber Gott ist unser Körper und was wir damit machen enorm wichtig! Das Christentum ist eigentlich viel Körper-bejahender als unsere Zeit es ist, obwohl das Gegenteil behauptet wird. Gott sagt, 'Gib deinem Körper Sorge und schau, mit wem und wie du dich sexuell vereinigst. Es ist nicht egal, weil es etwas mit dir macht.' Ich bete dafür, dass wir, jung und alt, diese Realität wieder mehr erkennen und darüber staunen können.
Wen es interessiert: In meinem letzten Beitrag habe ich noch etwas 'theologischer' über das Thema Sex - und warum es theologisch so wichtig ist, nachgedacht.
Gerne verweise ich noch auf diese weiterführenden Gedanken mit dem Titel Schönheit und Relevanz

[1] Thomas Schirrmacher, Ethik Bd. 4, S. 333.
[2] Thomas Schirrmacher, Ethik Bd. 3, S. 43.
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