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  • matt studer

System Familie - Kinder brauchen Autoritätspersonen

Aktualisiert: 27. Okt. 2021


Für die Eltern:

Erziehe dein Kind mit Strenge! Dann wird es dir viel Freude machen. (Sprüche 29,17)


Für die Kinder:

Öffne dein Herz für die Erziehung und dein Ohr für kluge Worte. (Sprüche 23,12)



Wer selber zur Kategorie Eltern gehört oder wer Familien gut genug kennt, weiss, dass man als Eltern irgendwann, irgendwie bestimmend ins Geschehen eingreifen muss, damit alle Körperteile bei allen Beteiligten auch wirklich am Körper bleiben. Es gab da eine Studie in den 70er Jahren, die herausfand, dass Mütter ihr Kind alle drei Minuten korrigierten, wobei das Kind in weniger als 60 Prozent aller Fälle auf die Mutter hörte. [1] Dieser Befund wurde, wen wundert's, durch weitere Studien bestätigt. Es braucht aber eigentlich keine Studie, um zu wissen, dass eine de-engagierte, laisser-faire-artige Erziehung nicht funktioniert. Eltern greifen aktiv ein - sie erziehen.


Das erste Problem besteht hier in der Begrifflichkeit. Meinen wir mit Erziehen etwa so viel wie eine Richtung geben, Grenzen setzen, korrigieren, anweisen, zurechtweisen, disziplinieren oder sogar bestrafen? Wenn wir in der Bibel, vor allem im Buch der Sprüche nachschauen, wird klar, dass Erziehen all dies und viel mehr beinhaltet. Wir könnten noch folgende elterlichen Interventionen anfügen: ermutigen, lehren, warnen, unterweisen, instruieren, reden, beten. Erziehen ist wahrscheinlich eine der komplexesten und ganzheitlichsten Aufgaben, die es gibt. Deshalb braucht es auch das ganzheitliche Setting der Familie dafür.


Was sind wir als Eltern, welche Rolle(n) nehmen wir ein? Was immer wir auch noch sind, wir sind von Gott als Autoritätspersonen für und über unsere Kinder gesetzt. 'Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern! So möchte es der Herr, dem ihr gehört; so ist es gut und richtig'. (Eph 6,1). Man ist eigentlich längst vom Hippie-artigen Laisser-Faire weggekommen und spricht bspw. von einer 'neuen Autorität' (siehe hier). Das ist ein bindungstheoretischer Ansatz, der besagt, dass Eltern einen gewaltlosen Einfluss auf ihre Kinder ausüben sollen, aber stets in Beziehung präsent bleiben, um dem Kind so Beziehungssicherheit zu vermitteln. Wir sind nicht primär die Buddies, Unterhalter, Chauffeurs oder Manager - und auch nicht nur die Versorger unserer Kinder, sondern wir sind ihre Eltern. Wir tragen Verantwortung und stehen vor der krassen Aufgabe, unsere Schützlinge in eine gute Richtung zu führen, zu prägen, zu leiten - kurz, zu erziehen. Klar und absolut wichtig, wir stehen in Beziehung mit unseren Kindern. Erziehung ohne Beziehung wäre eiskalter Drill. Erziehung 'funktioniert' dann am Besten, wenn das Kind in einem wertschätzenden und sicheren Umfeld aufwachsen darf, wo es ernst genommen wird, wo es Fehler machen darf und man darüber reden kann, ohne sein Gesicht zu verlieren.


Übrigens ist es für unsere Kinder matchentscheidend, dass sie damit konfrontiert sind zu lernen, sich in ein Familiengefüge einzuordnen und sich den Eltern und ihren Weisungen unterzuordnen (= zu gehorchen; siehe Eph 6,1). Jeder Mensch in unserer Gesellschaft braucht diese Fähigkeit, sei es in der Schule, im Job, in der Kirche, als Bürger des Staates und vielleicht am Zentralsten, in Bezug auf Gott. Etwas vom Wichtigsten, das wir unseren Kindern mitgeben können ist, dass ein gelingendes Leben wenig mit ungebremster und schrankenloser Selbstverwirklichung zu tun hat, sondern mit der Furcht des Herrn (Spr. 9,10). Wenn ein Kind nicht im Rahmen der Familie lernt, sich unterzuordnen, wo dann? 'Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt' (2 Mose 20,12) Dies ist das einzige der zehn Gebote mit einer Verheissung: du wirst lange im Land leben! Wenn Kinder sich ihren Eltern unterordnen, ordnen sie sich eigentlich Gott unter und ihr Leben steht unter seinem Segen. Das ist keine magische Sache. Die säkulare Forschung bestätigt die biblische These. Kinder, die keine Grenzen gesetzt bekamen oder deren Eltern Grenzüberschreitungen nicht 'diszipliniert' haben, haben es später schwerer im Leben. Gemäss Warren Farrell sind Eltern, die Grenzüberschreitungen 'ahnden' ein Geschenk an das Kind (siehe sein Buch 'The Boy Crisis: Why Our Boys Are Struggling and What We Can Do About It'). Kinder, die so aufwachsen, entwickeln die Fähigkeit, "Belohnungen besser zurückzustellen". Sie müssen nicht immer alles und grad jetzt unbedingt haben, sondern können eine Sache besser bis zum Ende durchziehen. [2] Zudem fand man in Studien heraus, dass Kinder, die gelehrt haben die Grenzen der Eltern zu respektieren, mehr Empathie entwickeln. "Grenzen ernst zu nehmen lehrt das Kind, die Bedürfnisse der Anderen zu respektieren." [3]

Wie setzen wir unsere Gott-gegebene Autorität gewinnbringend ein?

Wir können unsere Autorität natürlich entweder richtig einsetzen, oder sie missbrauchen oder vernachlässigen. Wir missbrauchen sie, wenn wir sie zu Gunsten unserer eigenen egoistischen Bedürfnisse einsetzen, anstatt zum Wohl unserer Kinder. Wenn wir unseren Willen durchdrücken, manipulieren, damit wir bekommen, was wir unbedingt haben wollen. Wenn es uns primär um unseren eigenen Komfort oder unsere Kontrolle geht und die Kinder dabei parieren müssen. Wir vernachlässigen Autorität, wenn wir uns auf die Ebene des Kindes begeben, anstatt unseren Platz einzunehmen. Das zeigt sich dann, wenn unsere Kinder mit uns zu feilschen beginnen wie auf dem Souk in Marokko. Oder wenn wir aus Angst, die gute Beziehung mit dem Kind zu verlieren, lieber gar nichts 'Negatives' sagen und halt einfach tolerieren, in der Hoffnung, dass sich dann schon irgendwie alles einrenkt.


Gute, Gott-gemässe Autorität ist streng, gnädig und geduldig. Sie ist konsequent und nicht wankelmütig. Sie geschieht in Beziehung mit dem Kind, hilft ihm auf, wenn es fällt, vergibt, umarmt. Sie hat einen langen Atem, denn sie weiss, dass es viel Zeit braucht.


Gute, Gott-ähnliche Autorität macht drei Dinge: sie zeigt, sie lehrt und sie lässt fühlen. Kinder müssen sehen, hören und spüren, dass wir unsere Autorität für sie einsetzen.

Nehmt euch daher Gott selbst zum Vorbild; ihr seid doch seine geliebten Kinder! (Eph 5,1)

Kinder müssen am Vorbild der Eltern sehen, was ein schönes und gutes Leben ist, was richtiges Verhalten in der jeweiligen Situation heisst, ja selbst, was Unterordnung meint. Denn auch wir Eltern ordnen uns Gott, unseren Vorgesetzten, den Leitern der Gemeinde und dem Staat unter. Ohne unser (natürlich nie perfektes) Vorbild, hat unsere Autorität keinen festen und sicheren Boden im Leben unserer Kinder.

Hör gut zu, mein Sohn, damit du weise wirst, und halte dich auf dem geraden Weg. (Sprüche 23,19)

Weisheit führt zu einem gelingenden Leben, guten Werten und gesunden Beziehungen, zu einem heiligen Leben vor Gott. Weisheit macht aufmerksam auf Hindernisse und Gefahren, die auf dem Weg warten. Weisheit weiss die Konsequenzen seines Verhaltens abschätzen zu lernen (siehe auch Gal 6,7: ich nenne das das 'Säen-und-Ernten-Prinzip'). 'Wenn du auf die falschen Leute hörst, kann das deine Zukunft in eine negative Richtung bringen.' 'Wenn du nur für den Applaus der anderen lebst, was, wenn dieser Applaus ausbleibt?' (Das Buch der Sprüche ist übrigens voll mit solchen Ratschlägen). Autorität lehrt und unterweist. Nicht mit moralischem Fingerzeigen, sondern im Dialog mit unsern Kindern, in echter Anteilnahme an ihrer Entwicklung hin zu einem gelingenden Leben.

Denn wen der Herr liebt, den erzieht er mit der nötigen Strenge; jeden, den er als seinen Sohn annimmt, lässt er auch seine strafende Hand spüren.(Hebräer 12,6)

Wer nicht hören will, muss fühlen? Ich will hier nicht in die Diskussion einsteigen, ob man Kindern Füdlitätsch geben soll, oder ob dies gegen die Genfer Konventionen verstößt. Ein Fühl-Erlebnis kann man ganz unterschiedlich vermitteln. Das Wichtigste dabei ist, dass wir Eltern konsequent Grenzen setzen und bei Grenzüberschreitungen konkrete Massnahmen einleiten. Unsere Kinder müssen merken, dass ihr Verhalten nicht ok war. Im Idealfall hat die 'Massnahme' direkt mit dem Fehlverhalten zu tun, so dass die Kinder das 'Säen-und-Ernte-Prinzip' verstehen lernen (Gal 6,7). Eine mögliche Konsequenz kann auch sein, dass das Kind etwas wiedergutmachen kann und so lernt, das Böse durch das Gute zu überwinden (Röm 12,21). Lasst uns in diesem Punkt kreativ und konsequent sein, zum Besten unserer Kinder!



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[1] Siehe Jennifer Senior, 'All Joy And No Fun: The Paradox Of Modern Parenting', S. 69


[2] Siehe Warren Farrel, 'Boy Crisis: Why Our Boys Are Struggling And What We Can Do About It', S. 140


[3] Farrell, S. 136





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